In der herausfordernden Zeit der Coronakrise sind Familienbildungsstätten im Bistum Trier trotz aller Einschränkungen für die Menschen da. Viele kreative Ideen haben die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter entwickelt, um über die Distanz hinweg Kontakte zu halten. In Rheinland-Pfalz allerdings gibt es finanzielle Sorgen. Der in „normalen Zeiten“ so rege Publikumsverkehr fehlt derzeit (noch) in den katholischen Familienbildungsstätten (FBS) im Bistum Trier. Kurse und Veranstaltungen finden wegen der Corona-Pandemie nicht wie gewohnt statt. Dennoch haben Leitungen und Mitarbeiter der 15 Einrichtungen durchaus genügend zu tun – auch, nachdem Quartalsabrechnungen gemacht und Reinigungs- und Verschönerungsmaßnahmen erledigt waren.
„Sie sind vor besondere Herausforderungen gestellt und mussten sehr kreativ sein“, schildert Anke Jakobs-Rohles, Referentin für Familienbildung im Bischöflichen Generalvikariat Trier, die Lage. Einerseits sei der Publikumsverkehr zwar lange untersagt gewesen und erst eingeschränkt wieder möglich, andererseits benötigten die Menschen gerade in einer solch schwierigen Zeit Unterstützung. Diese anzubieten, die Kontakte zu den Teilnehmenden, aber auch zu Mitarbeitern und besonders den oft langjährigen Honorarkräften zu pflegen und quasi „nebenbei“ die neuen Programme zu planen, waren und sind Aufgaben dieser Tage.
Besonderes Augenmerk richteten die Bildungsstätten auf Familien, die vom Shutdown mit am heftigsten getroffen sind. Hier galt und gilt es, Eltern zu unterstützten und den Kindern abwechslungsreiche Ideen für sinnvolle, anregende Beschäftigung zuhause zur Verfügung zu stellen. Eine Notfallbetreuung für Kinder von Eltern, die in systemrelevanten Berufen arbeiten, hat darüber hinaus die FBS Koblenz an allen Grundschulen der Stadt organisiert. Derzeit werde dort geprüft, ob diese Betreuung in den Ferien fortgesetzt werden soll, informiert FBS-Leiterin Felicitas Flöthner. Darüber hinaus besteht via Videochat und Telefon eine Fernunterstützung für die Erledigung von Hausaufgaben. Tutorials mit Bastelangeboten sowie Tipps und Anregungen zu den verschiedensten Themen von Kochen über Nähen bis hin zu sportlichen Aktivitäten werden ebenfalls zur Verfügung gestellt.
„Auch die älteren Teilnehmenden sind nicht vergessen“, betont Flöthner und berichtet von der aktiven Kontaktaufnahme zu dieser Personengruppe, um Unterstützungsbedarfe abzufragen. So werden beispielsweise Einsätze von freiwilligen Helfern für Einkäufe oder das Gassigehen mit dem Hund vermittelt. Wer sich einsam fühlt oder einfach mal mit jemandem sprechen möchte, ist zu Gesprächen mit den Mitarbeitern der Bildungsstätten eingeladen und jederzeit willkommen.
Für Senioren sei es meist schwierig, soziale Netzwerke zu nutzen, spricht Iris Emmerich, Leiterin der FBS in Mayen, eine Schwierigkeit an, die besonders im ländlichen Raum bestehe. Daher seien bereits zu Ostern und jetzt wieder für Pfingsten besondere Grüße an Senioren gestaltet und verteilt worden (der „Paulinus“ berichtete). „Die Resonanz war sehr groß. Alle haben sich gefreut“, sagt Iris Emmerich.
Ein Gebetsnetzwerk hat die FBS Simmern gegründet. Meditation, Gebetszeiten und der virtuelle Kontakt mit den Teilnehmenden wird begleitet von den Referentinnen des Fachbereichs Gewaltfreie Kommunikation, stellt Leiterin Kornelia Farber dar. Die FBS Trier bietet nach Information von Leiterin Brunhilde Werner Elternsprechstunden, Trauerbegleitung und die Begleitung des Lebenscafés an – nicht wie üblich in der persönlichen Begegnung, sondern telefonisch. Und die „Remise“ in Trier-Ehrang versorgt ihre „Kunden“ mit Sportclips, informiert Leiterin Brunhilde Steinmetz.
„Vor allem bei Gruppen, die über einen längeren Zeitraum bestehen, herrscht eine große Verbundenheit zwischen den Teilnehmenden, aber auch zu Referenten und Mitarbeitenden“, weiß Bistumsreferentin Jakobs-Rohles. Diese Kontakte werden auf allen zur Verfügung stehenden Kanälen von Telefon über E-Mails bis zu sozialen Medien aufrecht erhalten. Und auch die „gute alte“ Tradition des Briefeschreibens kommt gerade mancherorts verstärkt zur Geltung: „Über 1000 Briefe haben wir in drei Aktionen an die Teilnehmenden unserer Senioren-Akademie geschickt – und viele Rückmeldungen erhalten“, berichtet Anne Schmidt, Leiterin der FBS im saarländischen Neunkirchen. Besonders für ältere Menschen bedeute es einen herben Verlust, dass die Veranstaltungen nicht stattfinden. „Wer sonst zwei- bis dreimal pro Woche zu Yoga, Bridge oder politischem Gesprächskreis in die Bildungsstätte kommt, dem fehlen jetzt natürlich Austausch und Begegnung.“
Wie geht es jetzt bei zunehmender Lockerung der allgemeinen Einschränkungen in den Familienbildungsstätten weiter? Gerade sitze sie am Rundschreiben an die Referentinnen und Referenten, dass der Start von Kursen ab 8. Juni möglich sei, informiert Schmidt. „Da die Kursleiter und viele der Teilnehmer zur Risikogruppe gehören, fragen wir natürlich erst ab, wer denn unter all den Vorga-ben zur Wiederaufnahme der Angebote bereit ist.“ Dafür seien noch Vorbereitungen notwendig.„Wir gehen mit dem um, was gerade passiert“, schildert Schmidt einen gewissen Fatalismus, unter dem sie und die Kolleginnen und Kollegen arbeiten.
In der Krise den Nutzen sozialer Medien entdeckt
„Es ist aber absolut kein verzweifelter Fatalismus“, betont die Leiterin und beschreibt begeistert die Aktivitäten in den sozialen Medien Facebook und Instagram: Seit dem Shutdown nutze sie diese, um Kontakte zu Teilnehmenden zu pflegen und online Tipps und Informationen weiterzugeben. „Ich bin 58 und hätte nie gedacht, dass mich das noch interessieren wird“, gesteht Anne Schmidt. Inzwischen aber habe sie den Nutzen dieser sozialen Medien entdeckt. Die täglichen Posts seien völlig selbstverständlich geworden. Zusammen mit Kolleginnen denke sie inzwischen daran, Youtube-Filme etwa zu Ernährungsthemen zu drehen und ins Netz zu stellen. Darüber könnten fehlende Kursangebote kompensiert werden.
„Kein Rettungsschirm ist für uns praktikabel“
„Wir haben natürlich das große Glück, uns keine finanziellen Sorgen machen zu müssen“, spricht die saarländische FBS-Leiterin ein Thema an, zu dem es im Nachbarland anders aussieht: Das Bildungs-ministerium des Saarlandes habe früh in der Krise die Zusage gegeben, dass die in diesem Jahr erbrachten Unterrichtstunden nicht für die Bemessung der Zuwendungen zu den Personalkosten herangezogen werden, erläutert Nina Andres, Vertreterin der saarländischen Familienbildungsstätten in der Landesarbeitsgemeinschaft.
Ihr rheinland-pfälzischer Kollege Nils Zimmermann, zugleich Geschäftsführender Leiter der Fa-milienbildungsstätten im Kreis Neuwied, betont dagegen: „Keiner der Rettungsschirme des Landes oder des Bundes ist für unsere Ein-richtungen praktikabel, da sie die Zahlungsunfähigkeit der Einrichtung voraussetzen.“ Somit seien einzelne der als eingetragene Vereine strukturierten Bildungsstätten, trotz aller Kreativität und Einsatzbereitschaft, in ihrer Existenz gefährdet. Zusätzliche Finanzmittel seien also dringend nötig. Es müssten auch unbürokratische Lösungen für diese Übergangszeit gefunden werden, die sich am Fördervolumen des Vorjahres orientieren. Nur so sei es möglich, dass Quantität und Qualität der Angebote in den Familienbildungsstätten auf Dauer erhalten bleiben können.“
Die Corona-Maßnahmen gehen auch ins Geld
Noch habe sie keine Existenzsorgen, da in den vergangenen Jahren Rücklagen gebildet werden konnten, stellt FBS-Leiterin Iris Emmerich aus Mayen dar. Trotzdem stellt auch sie sich die Frage, wo das Geld herkommen soll, mit dem der Verein seine künftige Arbeit finanzieren soll. „Ja, digitale Kursangebote kön-nen beim Land abgerechnet werden. Bei uns im ländlichen Raum sind die aber nicht die Lösung.“ Zu gering sei die Zahl der Menschen, die solche Angebote nutzen wollen und können. Kurse wie Yoga im Freien oder Musik für Eltern mit kleinen Kindern dagegen werden gerne in Anspruch genommen. Dennoch bringen sie kaum Einnahmen, weil aufgrund der Corona-Vorgaben nur kleine Gruppen teilnehmen können. Außerdem gehe die Umsetzung notwendiger Maßnahmen wie das Bereitstellen von Spuckschutz und Desinfektionsmitteln zusätzlich ins Geld.Ob nach den Sommerferien wieder ein Normalbetrieb vorstellbar ist? Dazu schwanken die Einschätzungen zwischen Skepsis und Optimismus. „Wir wollen mit unserem Hauptprogramm dann wieder starten und hoffen sehr, dass das auch möglich sein wird. Bis dahin arbeiten wir an einem Rahmenkonzept, in dem die Veranstaltungen gut und sicher für alle stattfinden können“, so Iris Emmerich. Dennoch stehe für sie jetzt schon klar und deutlich fest, dass „dieses Jahr finanziell für die Tonne ist“.
fbs/Christine Cüppers - Paulinus - Wochenzeitung im Bistum Trier